Haus St. Antonius
 
Grein a.d. Donau / Österreich


Mag. Elisabeth Svoboda
                                        

Ist der Rosenkranz ein eintöniges Gebet ?


Wenn man einen Rosenkranz anschaut, sieht man eine Schnur mit vielen Perlen – mehr als fünfzig. Wenn man beim Rosenkranzbeten zuhört, hört man fünfzigmal "Gegrüßet seist du, Maria ...", dazwischen ab und zu ein Vaterunser.

Von diesem äußeren Eindruck her wird das Rosenkranzgebet oft als eintöniges, langweiliges Gebet beurteilt, außerdem auch nur ganz auf die Muttergottes konzentriert. Und vielleicht denkt mancher an die Bibelstelle, in der Jesus sagt: "Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen." (Mt 6,7).

Wenn man genau hinhört, kann man aber auch hören, daß da kurze Sätze über Ereignisse in der Bibel gesprochen werden.

Die vielen Gegrüßet seist du, Maria, Ave Maria sind nur gleichsam das Gerüst, die Begleitmusik. Das Eigentliche sind die einzelnen Themen, die Rosenkranz-Geheimnisse, diese kurzen Sätze, die man hören kann. Dabei geht es nicht darum, sie einfach auszusprechen, sondern es geht darum, über deren Inhalt nachzudenken, diese Themen, Geheimnisse zu betrachten.

Der freudenreiche, lichtreiche, schmerzhafte und glorreiche Rosenkranz – diese sind die vorrangigen Rosenkränze; es gibt noch andere – beinhalten insgesamt zwanzig verschiedene Themen. Der Bogen spannt sich von der Menschwerdung Jesu über den Tod am Kreuz zur Auferstehung und bis zur Geistsendung im Pfingstgeschehen.

Jeweils ein Abschnitt von zehn Gegrüßet seist du, Maria, also ein Gesätzchen, ist einem solchen Thema gewidmet. Während des Betens des Gegrüßet seist du, Maria konzentrieren sich die Gedanken in erster Linie nicht auf diese, sondern vor allem auf das Thema.

Das kann in sehr vielfältiger Weise geschehen. Zum Beispiel: Was hat sich da ereignet? Wie steht das in der Bibel? In welchem Zusammenhang? Was hat Christus getan? Wie hat er sich verhalten? Was ist mit ihm geschehen? Und warum? Welche Bedeutung hatte das damals? Welche Bedeutung hat es für heute, für die Kirche, speziell für mich, für mein Leben?

Das Rosenkranzbeten ist wie eine gedankliche Reise durch die Bibel, es ist ein intensives Befassen mit der Heiligen Schrift. Der Rosenkranz ist demgemäß auch eine sehr christuszentrierte Gebetsform, ein Befassen mit Jesus, ein Durchdenken seines Lebens, seines Wirkens.

"Tatsächlich ist der Rosenkranz ... ein zutiefst christologisches Gebet. In der Nüchternheit seiner Teile vereinigt er in sich die Tiefe der ganzen frohen Botschaft, für die er gleichsam eine Kurzfassung ist. (...) Unter den Päpsten der jüngeren Geschichte, die sich in der Konzilszeit durch die Verbreitung des Rosenkranzes ausgezeichnet haben, möchte ich an den seligen Johannes XXIII. erinnern und vor allem an Paul VI., der im Apostolischen Schreiben Marialis cultus in Übereinstimmung mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil den evangeliumsgemäßen Charakter des Rosenkranzgebetes und seine christologische Ausrichtung hervorgehoben hat." (Apostolisches Schreiben "Rosarium Virginis Mariae" Nr. 1-2, von Johannes Paul II., 2002).

Wer es nicht schon tut, kann es vielleicht einmal probieren: Bibelmeditation einmal in einer anderen Form – mit dem Rosenkranz.






 

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