Haus St. Antonius
Grein a.d. Donau / Österreich



(Artikel aus der Quartalschrift "Wegbegleiter" 2020 / 1)

Mag. Elisabeth Svoboda     
                                                                    

"Geistermessen" ?


Wir haben eine Zeit erlebt und befinden uns, während dieser Artikel verfaßt wird, noch darin, in der sich das Kirchenvolk nicht zur Hl. Messe versammeln darf, also nicht an einer Hl. Messe teilnehmen kann.
Die Priester können nur alleine oder mit ganz wenigen Beteiligten die Hl. Messe feiern.

Das ist natürlich eine ganz ungewöhnliche Situation.

Wir sind es ja gewöhnt, daß wir, vor allem am Sonntag, zur Hl. Messe gehen, um als Gemeinde, als Volk Gottes zusammenzukommen, um gemeinsam, als Gemeinschaft zu beten, zu feiern, um uns auch selbst einzubringen.

Das Volk kann also nicht zusammenkommen. Soll dann der Priester einfach ohne das Volk, alleine die Hl. Messe feiern?

Mancherorts wird versucht, die Hl. Messe und das Volk doch irgendwie indirekt zusammenzubringen, indem man die Hl. Messe medial überträgt.
Oft aber feiern Priester ohne eine solche Übertragung völlig unbemerkt von der Außenwelt.

Für die Hl. Messen ohne Volk taucht immer wieder der Begriff "Geistermessen" auf. Es wird dieser Form der Hl. Messe von manchen die Sinnhaftigkeit abgesprochen. Wozu eine Messe feiern, wenn es niemand bemerkt? Manche Priester feiern deshalb unter solchen Voraussetzungen gar keine Hl. Messe.

Ist eine Hl. Messe ohne Volk sinnvoll?

Wenn man die Messe nur als sichtbare Versammlung von Personen sieht, dann muß man sagen: nein.

Die Hl. Messe ist aber nicht nur das.

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt in dem Dokument "Presbyterorum Ordinis" Nr. 13: "Im Dienst am Heiligen, vor allem beim Meßopfer, handeln die Priester in besonderer Weise an Christi Statt, der sich für das Heil der Menschen zum Opfer hingab. (…) Im Mysterium des eucharistischen Opfers, dessen Darbringung die vornehmliche Aufgabe des Priesters ist, wird beständig das Werk unserer Erlösung vollzogen; darum wird seine tägliche Feier dringend empfohlen; sie ist auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche.".

Es wird das Werk unserer Erlösung in unserer gegenwärtigen Zeit und für diese vollzogen; auch dann, wenn keine Gläubigen anwesend sind.

Man muß also bei der Messe etwas Grundsätzliches unterscheiden: die Gnadenwirkung für die anwesenden Gläubigen und die Gnadenwirkung für die Welt insgesamt.

Wenn eine Messe für andere unbemerkt hinter verschlossenen Türen gefeiert wird, ist sie keineswegs etwas wie eine private Andachtsstunde des zelebrierenden Priesters. Sie ist vielmehr immer ein übernatürliches Geschehen von weltweiter Tragweite; sie dringt durch die verschlossenen Türen und durch alle Mauern hindurch hinaus in die ganze Welt und auch zu den Verstorbenen im Reinigungsort.

Sehr anschaulich drückt es Prälat Robert Mäder (1875 - 1945) in seinem Buch 1 aus. Die folgenden Zitate wurden schon in einem früheren Artikel verwendet und sollen hier wiederholt werden:

"Was ist die Messe? Ein Gnadenstrom. Alle Gnaden kommen vom Kreuz. Das Kreuz ist die Zentrale aller Gnaden. (…) Wir sind erlöst durch das kostbare Blut. (…) Aber die Gnaden, die in dem Herzen Jesu wie in einem Reservoir aufbewahrt sind, bedürfen eines Kanals, durch den sie den Menschen zugewendet werden. Dieser Gnadenkanal ist beim Letzten Abendmahl eingesetzt worden. Es ist der unter der Gestalt des Brotes gegenwärtige Leib des Herrn, der für uns hingegeben, es ist das unter der Gestalt des Weines lebendige Blut Christi, das für uns vergossen wird. Es ist die Messe. (…) Die Messe ist das wirkliche, … geheimnisvolle Bluten der Wunden Christi. Die Messe ist der opfernde, blutende, betende, gnadenspendende Christus." (S. 91).

"Als … Erneuerung des Kreuzesopfers ist die heilige Messe die Blutkammer, aus der ununterbrochen die Lebensströme der Gnaden hinausgetrieben werden bis in die äußersten Adern des Menschheitsorganismus." (S. 72).

"Warum geht so manches Hochgewitter der göttlichen Gerechtigkeit an uns vorbei? (…) Warum verfährt Gott mit uns noch so barmherzig und langmütig? Ich will es euch sagen. Es ist wegen der heiligen Messe. (…) Gott wartet. Gott hat noch einmal Geduld … ." (S. 137 - 138).

Ähnlich sagt es P. Marcellino IasenzaNiro in dem von ihm verfaßten Buch über P. Pio 2: "In der Gedächtnisfeier wiederholt sich die Tat dessen, der sie eingesetzt hat; wenn also Jesus dem Vater sich selbst am Kreuz zum Opfer angeboten hat, um unsere Sünden zu sühnen, dann erheben wir in der Eucharistiefeier - seiner Weisung: 'Tut dies zu meinem Gedächtnis' (vgl. Lk 22,19) folgend - dasselbe Opferlamm des Kalvarienbergs vom Altar zum Himmel und halten es schützend zwischen unsere Sünden und den gerechten Zorn Gottes."

Mäder: "Die Welt lebt übernatürlich von der Messe. Die ganze Welt. Ob sie es weiß oder nicht. Das 'Ohne Mich könnt ihr nichts tun' gilt auch hier in Beziehung auf die heilige Messe." (S. 72).

"Man soll es nur einmal probieren. Man schaffe die Messe aus der Welt und die Welt wird zugrunde gehen …" (S. 138).

Seien wir sehr dankbar für die "Geistermessen"! Und vielleicht können diese Messen, die zur Frage werden, den Blick neu schärfen für die Bedeutung und die Tiefendimension der Hl. Messe.

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1 MÄDER, Robert: Zurück zur Messe! Feldkirch: Lins-Verlag, 2015.
2 
IASENZANIRO, Marcellino: Der "Padre". Der Hl. Pio von Pietrelcina. Die Mission, Seelen zu retten. Augenzeugenberichte. San Giovanni Rotondo: 3. Aufl. 2012, S. 202.







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