Haus St. Antonius
Grein a.d. Donau / Österreich
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Mag. Elisabeth Svoboda                                                                                                                           alle Artikel         Startseite   

Weihnachten – Tiefpunkt für die Einsamen und Traurigen ?

Wenn im Jahreslauf wieder Weihnachten naht, freuen sich natürlich die meisten Menschen. Es gibt eine Familienfeier, Geschenke, gutes Essen, Bäckerei, romantisches Kerzenlicht, Verwandtenbesuche – Weihnachten als ein willkommener Höhepunkt und Lichtblick mitten in der düsteren und unfreundlichen Jahreszeit. "Das ist ja wie Weihnachten", sagt man manchmal während des Jahres. "Weihnachten" ist wie ein Zauberwort.

Und dann gibt es Menschen, die fürchten sich vor Weihnachten, weil sie wissen, daß sie da besonders unglücklich sein werden. Für sie ist Weihnachten nicht Höhepunkt, sondern Tiefpunkt. Ein Tag, ein Abend, an dem man überzeugt ist: Jetzt sind alle glücklich. Man schaut hinaus zu den vielen erleuchteten Fenstern, und je mehr man davon sieht, umso düsterer wird es bei einem selbst; jedes Fenster eine Provokation, ein Stich ins Herz. Einsamkeit, ein Schicksalsschlag, vielleicht heuer das erste Mal Weihnachten ohne einen bestimmten Menschen – unter solchen Bedingungen kann man nicht Weihnachten feiern; das ist einfach nicht Weihnachten.

Doch vielleicht schauten auch Maria und Josef auf die erleuchteten Fenster der Herberge, in der sie nicht aufgenommen werden konnten. Die Geburt, die Menschwerdung des Sohnes Gottes im Stall – unwürdige Bedingungen, dieses erste Weihnachten, ganz und gar unromantisch.

Soll das nur ein Trost sein für die, denen es zu Weihnachten schlecht geht? Aber es singen doch auch all die "Glücklichen" hinter den erleuchteten Fenstern im Weihnachtslied "Jesus der Retter ist da!". Wenn Jesus der Retter ist, was muß dann auf der anderen, auf unserer Seite vorhanden sein, welche Bedingungen brauchen also dann alle, die Weihnachten feiern, damit es so richtig Weihnachten ist? Wir alle brauchen dazu das Bewußtsein der persönlichen Rettungsbedürftigkeit, das  Bewußtsein, daß die Welt, unser Leben, unsere Beziehungen unvollkommen, hinfällig, brüchig sind; daß vieles aus eigener Kraft nicht geht.

Und wir brauchen den Glauben, daß Jesus, der Retter, in die Welt gekommen ist, um uns, auch mich, zu retten, zu stärken, uns zu helfen.

Der Advent gilt als besinnliche Zeit. Besinnlich bedeutet aber nicht vorweihnachtliche, winterliche Gemütlichkeit, sondern sich auf etwas zu besinnen, Überlegen, ernsthaftes Nachdenken. Wir alle sind eingeladen, im Advent unsere vorhandene Rettungsbedürftigkeit freizulegen und freizuhalten bis hin zum Heiligen Abend, um dann für den Retter bereit zu sein. Der Heilige Abend nicht als Moment, in dem alles von vornherein ideal und harmonisch sein muß, sondern als Moment, in dem uns unsere Rettungsbedürftigkeit, das Nicht-Ideale, das Nicht-Harmonische bewußt ist und dieses mit dem Retter zusammentrifft.

Wenn das geschieht, wird es zu Weihnachten gerade bei den Traurigen hell. Und die oberflächliche Freude des Weinachtsfestes wird nach dem Fest nicht ebenso bald erloschen sein wie die abmontierte Weihnachtsbeleuchtung in den Geschäftsstraßen, sondern dann beginnt es erst richtig!  Dann beginnt erst das, was nach dem Advent, mit und ab dem Weihnachtsfest dann in der Kirche, in der Liturgie "Weihnachtszeit" genannt wird: eine weihnachtliche Festzeit, die Zeit der Freude darüber, daß Jesus, der Retter, mein Retter, geboren wurde, damit ab jetzt alles anders wird; damit er in unser und konkret in mein persönliches Leben rettend eingreift, es heilend erfüllt.

Das wird dann sein, wenn ich das auch zulasse, wenn ich ihn in mein Leben aufnehmen, ihn in mein ganzes Leben hineinnehme, wenn er in meinem Leben wirklich existiert, eine Rolle spielt, wenn er die Gestaltung meines Lebens prägt, wenn seine Geburt in mir stattfindet, wenn er in mein Leben hineingeboren wird und darin zu wachsen beginnt.

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